Montag, 17. Dezember 2018
Drei Wimpernschläge vom Tode entfernt
Wann wird sich ein Mensch der eigenen Sterblichkeit bewusst? Vermutlich das erste Mal, wenn er oder sie mit dem Thema Tod etwas persönlicher konfrontiert wird. Bei mir geschah dies im Alter von etwa fünf Jahren.
Mein gleichaltriger Freund Elmar und ich hatten beschlossen, von unserer Siedlung rüber auf die große Wiese zu wechseln. Als wir die dazwischen liegende Dorfstraße erreichten, blieb ich stehen, da ich von links ein Auto herannahen sah. Erster Wimpernschlag!
Zu meiner großen Überraschung und jähem Entsetzen sah ich meinen Freund die Fahrbahn betreten. Zweiter Wimpernschlag! Und dann ging alles ganz schnell. Als Elmar das mit hoher Geschwindigkeit herankommende Fahrzeug gewahr wurde, rannte er los. Genau dorthin, wohin der Wagen inzwischen auch unterwegs war. Der Zusammenprall schien unvermeidlich. Dritter Wimpernschlag!
In höchster Not schrie ich: “ELMARRR!!!“, woraufhin er abrupt stoppte und wendete. Wiederum dorthin, wo nun seinerseits der Fahrer vorbeizukommen versuchte.
Elmar entging um Haaresbreite – und das kann man bildlich nehmen – dem Tode. Der Fahrer „entkam“ mit quietschenden Reifen und noch einmal richtig Vollgas gebend.
Für einige Sekunden standen Elmar und ich schwer geschockt da. Dann trennten wir uns wortlos und gingen heim. Wir hatten beide kurz dem Tode ins Auge geblickt. begriffen wie schnell alles vorbei sein kann. Gleichzeitig hatte zumindest ich intuitiv verstanden, dass irgendetwas - vielleicht eine höhere Macht - Elmar beschützt hatte.
Denn eigentlich war es vollkommen ausgeschlossen gewesen, dass er aus dieser Sache heil und unbeschadet herausgekommen war. Es war definitiv ein Wunder gewesen!
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Autobiographische Kurzgeschichte
Sonntag, 16. Dezember 2018
Der rettende Engel
Ich
mag etwa zehn Jahre alt gewesen sein, als ich eines Nachmittags mich
im Dorf auf dem Weg zu meinen Großeltern machte. Dabei kam ich durch
eine kleine Siedlung, an deren Ausgang plötzlich wie aus dem Nichts
ein etwa vierzehnjähriger Junge auftauchte und mich ansprach: „Wie
heißt Du?“ Ich nannte ich meinen Vornamen. „Und was machst du
hier so mutterseelenallein in dieser Gegend?“
Irgendetwas
stimmte nicht. Etwas Bedrohliches ging von dem Jungen aus.
Hilfesuchend schaute ich nach rechts und links. Aber niemand war zu
sehen. Die Straße war wie ausgestorben. „Antworte!“, befahl er,
„was machst du hier? Bist du allein unterwegs?“ Der Schreck war
mir mittlerweile in alle Glieder gefahren. Instinktiv spürte ich,
dass ich mich in Gefahr befand: „Ich ... ich bin unterwegs zu
meinen Großeltern. Die warten auf mich!“
„So,
so,“ sagte er, „die warten auf dich!“ Mit einer Hand erfasste
er unterhalb des Halses mein Hemd, drückte mich an ein Garagentor
und kam ganz nahe mit seinem Gesicht an mein Gesicht: „Hast Du
Angst?“, fragte er diabolisch grinsend.
„Hey!“,
hörte ich auf einmal eine Stimme rufen. „Lass den Jungen los!“
In etwa fünf Meter Entfernung saß ein etwa fünfzehnjähriger Junge
auf einem Fahrrad und schaute ruhig in unsere Richtung. Mein Peiniger
drehte den Kopf zurück, starrte den anderen einen Moment lang an und
ließ mich dann los. Wenige Sekunden später war er wortlos
verschwunden. Mein Retter sagte nur: „So, jetzt kannst du
weitergehen!“
Ich
war so verblüfft über diese unerwartete Rettung, dass ich sogar
vergaß, ihm zu danken.
Wenig
später wanderte ich erleichtert und in Gedanken vertieft einen
Feldweg entlang, als plötzlich mein Peiniger hinter einem Baum
hervortrat: „Na“, sagte er breit grinsend, „ freust du dich?“
Lähmendes Entsetzen erfasste mich. Wie angewurzelt stand ich auf der
Stelle. Weit und breit kein Haus oder Mensch in Sicht. Ich war
verloren!
Noch
bevor ich irgendeinen weiteren Gedanken fassen konnte, hatte er mich
erneut an meinem Hemd gepackt und drängte mich nun finster blickend
an den Baum. Ich starrte ihn angstvoll an. „Hatte ich dir nicht
gesagt, dass du den Jungen in Ruhe lassen sollst?“ Wie aus dem
Nichts kommend stand auf einmal mein vormaliger Retter da. Sein
Fahrrad lag auf dem Boden! Seine Augen blickte stahlhart meinen
Peiniger an.
Der
ließ mich augenblicklich los und drehte sich um. Beide Jungen waren
etwa gleich groß, mein „Retter“ aber etwas kräftiger. „Ich
sage dir das jetzt zum letzten Mal“, fuhr er fort, „ lass den
Jungen in Ruhe! Wenn ich dich noch einmal mit ihm sehe, dann setzt es
was! Aber richtig! So, und nun zieh Leine!“
Die
Augen meines Peinigers funkelten, einen Moment lang schien er seine
Chancen bei einem Kampf abzuschätzen, dann zog er wortlos von
dannen.
„So“,
sagte mein Retter, „ der wird dich in Ruhe lassen!
Sicherheitshalber werde ich dich aber noch ein Stück begleiten.“
Und so fuhr er langsam mit seinem Fahrrad neben mir her, bis ich die
Siedlung meiner Großeltern erreicht hatte. Dann kehrte mein
„rettender Engel“ um. Ich blickte ihm noch einen Moment dankbar
nach, dann lief ich los in Richtung der Wohnung meiner Großeltern.
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